Die Klasse 6b geht ins Ballett

„Jetzt mahlt sie wieder!“ („Krabat“ (O. Preußler), S. 19)

Mit lautem Getöse, dem Ratschen der Guiro und rhythmischem Knallen der Mehlsäcke auf den rabenschwarzen Bühnenboden beginnt das erste Lehrjahr des Waisenjungen Krabat, Hauptfigur und zugleich Titelgeber des Romans von Otfried Preußler und der Ballettinszenierung von Demis Volpi, zu deren Vorstellung die Klasse 6b am Samstag den Weg in die Stuttgarter Staatsoper auf sich genommen hat.

Nach drei Akten und drei Lehrjahren Krabats erntet die Inszenierung von der Klasse 6b 21 „Daumen hoch“, volle Begeisterung, auch bei den sechs Jungs.

Krabat, noch in hellen Lumpen, stößt in der Inszenierung auf die schwarze Mühle im Koselbruch. Der Meister, schwarz, kahlköpfig, das fehlende Auge mit einer Augenklappe bedeckt, zieht den Waisen in seinen Bann. Neue Zeiten brechen an: der Meister hat wieder das Dutzend voll – 12 Müllersburschen erledigen die körperlich übermenschlich schwere Arbeit. Der Vorhang hebt sich, hunderte von gestapelten Mehlsäcken bilden das Bühnenbild. Krabat, noch Kind, muss noch lernen, so schnell, so hart zu arbeiten. Doch die magische schwarze Schule wird ihn die harte Arbeit schon lehren und er wird auch lernen, sich, wenn es der Meister verlangt, in einen Raben zu verwandeln.

Die Rabenkostüme faszinieren. Überlange schwarze Schwingen aus echten Federn muss der männliche Teil des Ensambles während Sprüngen und Drehungen, Enjambements und Formationen im Raum kontrollieren. „Die Kostüme sind ganz schön schwer, oder?“, fragt einer der Sechstklässler. Und wie sie es sind.

Im ersten Jahr erhält Krabat Unterstützung vom Altgesell Tonda, der sich in ein Mädchen aus dem Dorf verliebt hat. Doch der Meister bekommt dies mit. Das Mädchen verschwindet, vom Meister ferngesteuert, wie von Geisterhand zwischen den Mehlsäcken im toten Gang.

Tonda, aufgrund des Verlustes seiner Geliebten ohnehin zu nichts mehr in der Lage, muss am Ende des Jahres schließlich sterben: denn auch der Meister hat einen Herrn – den Gevatter Tod. In unheimlich blutrot leuchtendem Kostüm fordert dieser jedes Jahr ein Leben aus der Mühle, denn nichts ist umsonst, auch nicht die magischen Kräfte des Meisters. Ein ewiger Kreis aus Macht und Unterdrückung, aus Gehorsam und Angst.

Ein zweites Lehrjahr beginnt – und auch Krabat hat sich bereits an Ostern des Vorjahres in ein Mädchen verliebt, die Kantorka der Osterprozession. In Traumsequenzen, zwischen Wachzustand und Schlaf sind „die Gedanken [sind] frei“, wie es im Volkslied heißt, das als einziges Gesangsstück die moderne Inszenierung symbolhaft komplettiert.

„Krabat“ ist ein Stück, das neben der schwarzen und weißen Magie, dem Kampf von Gut und Böse, Selbstsucht und Vertrauen in andere, dem Kampf um Macht und dem Verzicht auf Macht, der Liebe, die alles überwindet, auch von der Bedeutung von Freundschaft handelt. Denn der scheinbar schwächste Gesell, Juro, beherrscht die Magie inzwischen auch ganz gut. Allerhand Sprünge und Pirouetten zeigen symbolhaft, was dieser schmächtige Kerl eigentlich kann. So wird es Juro sein, der Krabat und die Kantorka beschützt, sodass die Kantorka am Ende die alles entscheidende Prüfung antreten kann, wenn es darum geht, den Meister zu entmachten. Unter den 12 Gesellen in Rabengestalt muss sie blind Krabat erkennen. Schafft sie dies, wäre der Bann des Meisters gebrochen, die Müllersburschen wären frei und der Meister besiegt. Ob ihr das gelingen wird?

Für die SchülerInnen war es jedenfalls ein kulturelles Highlight, abends in eine reguläre Ballettvorführung zu gehen. Auch das Gebäude, der Ausblick von der Dachterrasse auf das nächtliche Stuttgart haben gefesselt und die Weite der Dachtrrasse lud direkt zum Testlauf für Sprünge und Hebefiguren ein. Sogar eine Signierstunde der Eleven, die die Rollen von Tonda, Michal und Pumphutt innehatten, gab es. Die signierten Eintrittskarten und Programmhefte werden einen Ehrenplatz haben.

Ein großer Dank geht an die SchülerInnen, die sich nach anfänglicher Skepsis auf das Projekt eingelassen und sich vorbildlich benommen haben, und an die Eltern, die Frau Haß und Frau Weiland an einem Samstag ihre Kinder anvertraut und sie in Stuttgart an der Oper abgeholt haben.

Auch an die Staatsoper Stuttgart richten wir einen Dank, die uns dies ermöglicht hat, denn an Eintrittskarten ist nahezu kein Herankommen. Ein rundum gelungener Abend, der hoffentlich am Montag für viel Gesprächsstoff im Deutsch Unterricht bei Frau Weiland sorgen wird.